Stadt will „Überbrückungshilfen“ nur als Darlehen gewähren
Das Land hat zur „Sicherung der Trägerpluralität in Kindertageseinrichtungen“ im Kindergartenjahr 2023/2024 eine Überbrückungshilfe in Höhe von 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Die freien Träger von Kitas halten die Gewährung einer ergänzenden kommunalen Überbrückungshilfe für erforderlich, weil die Überbrückungshilfe des Landes nicht ausreicht, um die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen bis zur nächsten regulären Steigerung der sogenannten Kindpauschalen zum 01. August 2024 sicherzustellen.
Der Kreis Kleve hat darauf schnell reagiert:
Der Kreistag hat dazu Überbrückungshilfen beschlossen, nachdem die Kreisverwaltung zuvor die freien Träger angeschrieben und gebeten hatte, einen Bedarfsnachweis vorzulegen. Anschließend wurden die zusätzlichen Finanzmittel als „freiwillige Kreiszuschüsse“ In Höhe von rd. 190.000 EUR bewilligt.
Durch spätere Prüfung des Verwendungsnachweises soll sichergestellt werden, dass die Überbrückungshilfe entsprechend verwendet wurde; eine Rückforderung ist dabei nicht ausgeschlossen.
Der Kreis hat sich bewusst gegen Darlehen und damit für eine pragmatische Lösung entschieden.
Die Stadtjugendämter wurden vom Kreis über das Vorhaben informiert.
Und was hat die Stadtverwaltung Kleve unternommen?
Nun, sie hatte einen löblichen Vorsatz:
Anfang März 2024, im Jugendhilfeausschuss, wurde das Thema zurückgestellt, weil man die Beratungen in anderen Jugendämtern, wie dem Kreisjugendamt, abwarten wollte.
Die Ausschussvorsitzende, CDU-Ratsfrau Schwiete, hielt eine kreisweite Lösung für wünschenswert. Dem widersprach niemand.
Jetzt, zwei Monate später, liegt dazu eine Beschlussvorlage des Bürgermeisters vor. die am 15. Mai 2024 „im Schweinsgalopp“ durch den „Unterausschuss Jugendhilfeplanung“ und anschließend durch den Jugendhilfeausschuss gejagt werden soll. Beiden Gremien, in denen zwei Ratsfraktionen nicht vertreten sind, werden großzügige 30 Minuten Beratungszeit gewährt.
Anschließend, ab 17 Uhr, soll der Haupt- und Finanzausschuss abnicken, was eine kleine Runde zuvor beschlossen hat. Schnelligkeit geht vor Genauigkeit.
Bürgermeister Gebing schlägt „zur Vermeidung von Härtefällen, die aufgrund von gestiegenen Personalkosten im Kitajahr 2023/2024 entstehen können“, ebenfalls die Zahlung von Überbrückungshilfen vor.
Aber:
Die Stadt Kleve möchte diese Hilfen nur als Kredit gewähren.
„Um diese Hilfen auf das Notwendige zu beschränken und die Zweckbindung zu sichern“, soll das Darlehen vom Träger(verein) beantragt worden. Zuvor hat der freie Träger Rücklagen – falls vorhanden – aus vergangenen Kitajahren einzusetzen.
Im Klartext:
Bevor die Stadt auch nur einen Cent „Überbrückungshilfe“ gewährt, wird vom freien Träger offenbar erwartet, dass dieser auf die Insolvenz zusteuert. Und wenn die Zahlen dann rot geworden sind, soll der Träger(verein) sich verschulden – bei der Stadt.
Die Stadt Kleve setzt also voraus, dass freie Träger Geld ausgeben, um eine städtische Überbrückungshilfe zu bekommen. Dieses Darlehen soll zwar zinsfrei gewährt, aber mit zukünftigen, also ungewissen, Zahlungen des Landes verrechnet werden. Das wird angestrebt, über einen Zeitraum von 20 Jahren.
Träger der Kitas sind auch Vereine/Elterninitiativen, geführt von Vorständen, die für ihr Handeln rechtlich verantwortlich sind und belangt werden können.
Ein Trägerverein, der sich bei drohender Zahlungsunfähigkeit weiter verschuldet und z.B. ein städtisches Darlehen namens „Überbrückungshilfe“ annimmt, würde möglicherweise Insolvenzverschleppung begehen.
Welche Elterninitiative würde sich diesem Risiko aussetzen? Rechnet die Stadt insgeheim damit, dass viele freie Träger deshalb die Aufnahme eines Darlehens scheuen werden?
Für „individuelle kommunale Lösungen in Form von weiteren freiwilligen Zuschüssen“ sieht der Bürgermeister „keinen Raum“.
Wieso nicht? An Geld fehlt es nämlich nicht, denn der Haushalt des Jahres 2023 hat mit einem Plus von mehr als 15 Millionen EUR abgeschlossen. Als Folge davon ist die „Ausgleichsrücklage“, in die die Stadt greift, um Defizite rechnerisch aufzufangen, auf fast 60 Mio. EUR gewachsen.
Die Offenen Klever möchten an dieser Stelle daran erinnern, dass es sich bei der Kindertagesbetreuung um eine kommunale Pflichtaufgabe handelt. Im Falle einer Insolvenz eines freien Trägers hätte die Stadt durch eine Übernahme von Kitas der Träger deutlich höhere Kosten, als sie es jetzt durch Gewährung einer freiwilligen Überbrückungshilfe haben würde.
Oder hat die Stadt insgeheim die Absicht, den Ausfall eines freien Trägers (oder mehrerer freier Träger) einfach auszusitzen und abzuwarten, ob Eltern sich auf den Klageweg begeben?
Die Offenen Klever wollen erreichen, dass die Stadt Kleve die Lösung des Kreises 1:1 übernimmt.
Deshalb wollen die OK sowohl im Haupt- und Finanzausschuss am 15.05. als auch im Rat am 22.05.2024 beantragen, die Überbrückungshilfen als freiwillige städtische Zuschüsse zu gewähren.