Bürgermeister stellte Rat nicht alle Informationen zur Verfügung
Der Rat hat am 21.06.2023 vier verkaufsoffene Sonntage beschlossen, die die stadteigene, also völlig eigenständige „Wirtschaft&Tourismus Stadt Kleve GmbH“ mit einem längeren Schreiben im Stil der Verwaltungsspitze beantragt hatte.
Wie der Erste Beigeordnete in seiner dazu vorgelegten, zustimmenden Sitzungsvorlage dargelegt hatte, stehen verkaufsoffene Sonntag „grundsätzlich im Widerspruch zur gesetzlichen Sonn- und Feiertagsruhe. Der durch den Antragsteller im Antrag erläuterten Abwägung wird von hier aus zugestimmt. Die Verwaltung schließt sich den Ausführungen vollinhaltlich an.“
Eine Ausnahme vom verfassungsrechtlichen Sonn- und Feiertagsschutz bedarf eines besonderen Sachgrundes.
Der Bürgermeister als zuständige örtliche Ordnungsbehörde ist ermächtigt, verkaufsoffene Sonntage durch Verordnung, die der Rat beschließt, freizugeben.
Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören. So will ist der Gesetzgeber, das Land NRW, in seinem „Ladenöffnungsgesetz“.
Laut Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung „wurden die anzuhörenden Institutionen umfänglich informiert und angehört. Hieraus resultierenden vorliegende Stellungnahmen nennen keine Versagensgründe.“
Welche Institutionen eine Stellungnahme abgegeben haben, wurde dem Rat nicht mitgeteilt; als Konsequenz daraus wurde den 54 Ratsmitgliedern auch nichts vorgelegt.
Das Land hat den Kommunen 2020 eine Anwendungshilfe zum Ladenöffnungsgesetz in die Hand gegeben. Darin ist unmissverständlich und im Klartext zu lesen:
„Die Verwaltung muss dem Rat alle vorliegenden und für die Entscheidung relevanten Information zur Verfügung stellen.“
Erst in der Ratssitzung teilte der Bürgermeister eine Stellungnahme der zuständigen Gewerkschaft („ver.di“) mit. Die Argumente einer Institution, die erfolgreich gegen verkaufsoffene Sonntage klagt, wurden den Ratsmitgliedern nicht vorgelegt. Sie wurden vom Bürgermeister auch nicht verlesen. Stattdessen beschränkte er sich darauf, gewissermaßen nur die „Hits“ und nicht das ganze Album vorzutragen.
Die Änderungswünsche von „ver.di“ wurden vom Bürgermeister abgelehnt.
Anschließend beschloss der Rat gegen die Stimmen der OK und einiger SPD-Ratsmitglieder jeweils zwei verkaufsoffene Sonntage in 2023 und 2024.
Übrigens empfiehlt das Land, „es sollten konsensuale Lösungen verfolgt werden, um die Akzeptanz für Sonn- und Feiertagsöffnungen zu steigern (denkbar sind Einrichtungen wie ein kommunaler Runder Tisch).“
Konsens? Etwa mit der Gewerkschaft? Runder Tisch? – Aber doch nicht in Kleve, denn Mehrheit ist Mehrheit.