Nachtragshaushalt 2024: Kaum Beratungszeit

Lücke zwischen Aufwendungen und Erträgen: 13,3 Mio. EUR

Seit dem 14. Juni 2024 können Ratsmitglieder im Ratsinformationssystem die 312 Seiten des „1. Nachtragshaushalts 2024“ einsehen; gedruckt gibt es dieses Zahlenwerk nicht. Wer damit seriös arbeiten will, muss seinen Drucker anwerfen.

Am 19. Juni 2024 wurde der Nachtrag zum Haushaltsplan 2024 vom Stadtkämmerer im Haupt- und Finanzausschuss eingebracht, garniert mit einigen begleitenden Worten, die eine Pflichtübung darstellten.

Bereits am 3. Juli 2024 soll der Rat eine um mehr als 3 Mio. EUR auf rd. 13,3 Mio. EUR gestiegene Deckungslücke beschließen. Viel Zeit, sich mit den 312 Seiten des Nachtrags zum Haushalt intensiv zu beschäftigen, bleibt den Ratsmitgliedern also nicht.

Berücksichtigt man dann noch, dass Anträge für die Ratssitzung am 3. Juli 2024 spätestens am 23. Juni 2024 im Rathaus vorliegen müssen, um verbindlich in die Tagesordnung aufgenommen zu werden, dann wird deutlich, wie klein das „Zeitfenster“ ist, das Bürgermeister und Stadtkämmerer den 54 Ratsmitgliedern gewähren, um a) den Nachtragshaushalt durchzuarbeiten und b) dazu Änderungsanträge fraktionsintern zu beschließen und zu begründen.

Der „1. Nachtrag“ zum Haushalt 2024 hat es in sich:

  • Die „Kinder-, Jugend- und Familienhilfe“ weist eine Mehrbelastung in Höhe von rd. 2,3 Mio. EUR aus. – Hier wäre eine detaillierte Darstellung und Beratung im Fachausschuss angebracht. Ist aber nicht vorgesehen.
  • Zur „Hilfe für junge Menschen“ werden zusätzlich rd. 1,6 Mio. EUR benötigt. – Mehraufwendungen in dieser Größenordnung sollten ebenfalls Thema im Fachausschuss sein.  – Dafür ist aber keine Zeit.
  • Die Landesgartenschau 2029 veranlasst „weitere Planungen“, die nicht spezifiziert werden. Dafür werden 600.000 EUR benötigt und eine Verpflichtungsermächtigung von 1.000.000 EUR eingestellt, weil es ja teurer werden könnte…
  • „Peanuts“ sind die zusätzlichen 75.000 EUR für die städtische „Wirtschaft, Tourismus&Marketing GmbH“, deren Budget sich auf 635.000 EUR erhöht. Eine nachvollziehbare Begründung dafür: Fehlanzeige!  (Ob es jetzt wenigstens einen Feierabendmarkt in Kleve gibt?)

Das führt dazu, dass

  • die Kreditaufnahme um rd. 1,8 Mio. EUR auf rd. 11,3 Mio. EUR steigt; da im Nachtrag für Tilgungsleistungen unverändert lediglich rd. 1,1 Mio. EUR bereitgestellt werden, wächst die Neuverschuldung im Haushalt der Stadt in diesem Jahr auf rd. 10,2 Mio. EUR;
  • das städtische Gebäudemanagement sich in 2024 netto um rd. 30 Mio. EUR verschuldet;
  • die Lücke zwischen Erträgen und Aufwendungen noch größer wird: Sie wächst um rd. 3 Mio. auf rd. 13,3 Mio. EUR.

Diese Deckungslücke wird durch einen Griff in die „Ausgleichsrücklage“ finanziert. Dabei handelt es sich aber nicht um Geld im Tresor oder auf der Bank, sondern um eine bilanztechnische Größe.

Die Inanspruchnahme der „Ausgleichsrücklage“ bedeutet den Verzehr – manche sagen auch: das Verbrennen – des städtischen Eigenkapitals.

Von 2024 bis 2027 sollen auf diese Weise Deckungslücken von insgesamt mehr als 41 Mio. EUR rechnerisch gegenfinanziert werden; ab 2027 soll dann sogar eine weitere Bilanzposition angenagt werden: die allgemeine Rücklage im Umfang von 4,82 Mio. EUR.

Noch nicht „eingepreist“: Die Millionen EUR, die die Stadt aus eigenen Mitteln zur Landesgartenschau finanzieren muss.