Bürgermeister, CDU, Grüne, SPD, FDP und AfD lehnen Schenkung ab!
Der 1755, auf Schloss „Gnadenthal“ in Cleve geborene Johannes Baptista Hermanus Maria Cloots, genannt Anacharsis Cloots, war ein Schriftsteller, Politiker und Revolutionär während und in der Französischen Revolution.
Cloots führte den Beinamen „Redner des Menschengeschlechtes“ und war ein prominenter Verfechter der universellen Gültigkeit der Menschenrechte:
„Ich ziehe die europäische Republik der französischen Republik vor, ebenso ziehe ich die universale Republik der europäischen Republik vor, weil ich ein Mensch bin, weil mir das Beste gerade gut genug ist.“
Dass jemand, der dieses Credo vertritt, zwischen alle politisch-gesellschaftlichen Fronten gerät und dafür mit dem Leben bezahlt, erscheint nicht nur im Kontext der Entwicklungsphasen der Französischen Revolution als logisch – und bedauerlich.
Wer 1793 als „kosmopolitischer Luftikus“ verleumdet wurde, war kein Parteigänger der Diktatur eines Robespierre. Cloots wurde hingerichtet.
Cloots Werke enthalten – darauf hat Tobias Roth in seinem informativen Vorwort zur Auswahl „Reden aus der Revolution 1790 – 1793 von Anacharsis Cloots“ hingewiesen – „überraschend moderne und liberale Passagen über Juden und Homosexuelle.“ Auch zur Sklaverei gibt es deutlich ablehnende Worte.
„Wenn in irgendeinem Teil [der Erde] ein Sklave existiert, (…) ist meine Freiheit nicht vollständig…“
Während Cloots in Frankreich bekannt ist (die Werkausgabe umfasst drei Bände), tut Kleve sich um Umgang mit ihm schwer: Der großen Ausstellung zu Leben und Werk im Jahr 1988 (mit dem von Dr. Bernd Schimmes zusammengestellten Katalog) ist bis heute von offizieller Seite (Stadt) nichts gefolgt.
Privates Engagement für Cloots gibt es: So hat sich 2019 ein „Initiativkreis Anacharsis Cloots e.V“ als „Cloots-Gesellschaft e.V.“ organisiert.
In einem Bürgerantrag vom 8. August 2023 hatte die „Cloots-Gesellschaft“ angeboten, eine Gedenkplakette zu stiften (ca.70×70 cm in Basalt) und den Antrag auf Genehmigung zur Anbringung der Cloots-Gedenkplatte „im Herzen von Kleve“ gestellt.
Schon am 28. August 2023 beschloss der Ausschuss für Bürgeranträge einstimmig, die Prüfung der Angelegenheit durch das Stadtarchiv sowie die Verweisung in den Ausschuss für Kultur und Stadtgestaltung.
Drei Monate gingen ins Land: Der Sommer ging, der Herbst kam…
Am 8. November 2023 empfahl der Ausschuss für Kultur und Stadtgestaltung dem Rat, die Stadtverwaltung zu beauftragen, mit der Schenkerin Kontakt aufzunehmen, ob das Museum Kurhaus oder Haus Gnadenthal aus ihrer Sicht als geeigneter Ort für die Plakette in Betracht kämen. Sollte Einverständnis bestehen, solle die Verwaltung mit den Eigentümern von Haus Gnadenthal Kontakt aufnehmen.
Fünf Monate gingen ins Land: Der Herbst ging, der Winter kam und ging, dann war es endlich wieder Frühling:
Am 18. April 2024 war die Schenkung einer Gedenkplakette für Cloots wieder Thema im Ausschuss für Kultur- und Stadtgestaltung.
Und der Bürgermeister erzählte eine Geschichte, die er am 9. April 2024 zu Papier gebracht hatte. Hier folgen die „Highlights“:
- Die Cloots-Gesellschaft Kleve e.V. hat sich gegen den Standort Haus Gnadenthal ausgesprochen.
- Sie äußert stattdessen den Wunsch, die Gedenkplatte an der Fassade des Museums Kurhaus anbringen zu lassen, (…) damit sie von möglichst vielen Menschen gesehen werden kann.
- Eine Anbringung an der Seitenwand wurde abgelehnt.
- Dem Verein ist eine Überarbeitung der Gestaltung aufgrund der hohen Kosten nicht möglich.
- Das Museum Kurhaus steht unter Denkmalschutz, es ist sowohl Bau- als auch Gartendenkmal. Daher wäre ein Antrag auf denkmalrechtliche Erlaubnis mit dem LVR-Amt für Denkmalpflege abzustimmen.
(Geschah des alles mündlich? Wer wurde gefragt? – Einen Beleg dafür gibt es nämlich nicht.)
Wo es keinen Beleg gibt, da muss eine Behauptung in die Welt gesetzt werden. So geschehen in der Sitzung des Kulturausschusses am 18. April 2024:
Die Ausschussvorsitzende Dr. Hedwig Meyer-Wilmes (Grüne) ergänzte – laut Niederschrift -, „dass eine alternative Anbringung der Gedenkplakette seitens des Vereins verneint werde.“
Dem stand und steht der Fakt entgegen (bzw. im Weg), dass die „Cloots-Gesellschaft“ in ihrem „Bürgerantrag“ auf Genehmigung zur Anbringung der Cloots-Gedenkplatte vom 8. August 2023 (ja, so lang ist es her…), ausgeführt hat:
„Die Gedenkplatte sollte einen angemessenen Platz im Herzen von Kleve erhalten: z.B. am Rathaus, am Tourismus-Büro, an der Schwanenburg oder auch am Haus Koekkoek wäre sie vorstellbar. Sie ist als Geschenk der Cloots-Gesellschaft e.V. an Kleve und seine Bürgerinnen gedacht. Der Stadt werden keine Kosten entstehen.“
Klartext: Der Vorschlag, die Cloots-Plakette am denkmalgeschützten ehemaligen anzubringen, kam weder von der Cloots-Gesellschaft noch ist er alternativ vorgetragen worden!
Im Gegenteil: Die Cloots-Gesellschaft hat lediglich den verständlichen Wunsch geäußert, dass die Gedenkplakette einen „angemessenen Platz im Herzen von Kleve erhalten (sollte).“
Dazu hat sie beispielhaft Vorschläge gemacht.
Aber jetzt ging es erst richtig los. Wir zitieren die Stadtverwaltung:
„Das Museum Kurhaus steht unter Denkmalschutz, es ist sowohl Bau- als auch Gartendenkmal. Daher wäre ein Antrag auf denkmalrechtliche Erlaubnis mit dem LVR-Amt für Denkmalpflege abzustimmen. Überdies ist dem Verein eine Überarbeitung der Gestaltung aufgrund der hohen Kosten nicht möglich.“
In Kleve ist der Denkmalschutz beim Fachbereich 61 „Planen und Bauen“ angesiedelt. Ziel sei es (so die Stadtverwaltung auf ihrer Homepage), „das gebaute, historische Erbe der Stadt Kleve zu erhalten und zu bewahren.“
Diese Zielvorgabe gerät zwar gelegentlich in Vergessenheit, aber die mögliche Anbringung einer Plakette am ehemaligen Kurhaus zeigt die Stadtverwaltung auf dem Posten:
„Die angedachte Anbringung einer Gedenkplatte an der Fassade des Museums und der damit verbundene Eingriff in die geschützte Bausubstanz beeinträchtigt das Erscheinungsbild des ehemaligen Badehotels.
Daher kann aus denkmalpflegerischer Sicht zu der Anfrage bedauerlicherweise keine positive Nachricht erteilt werden.“
Der Bürgermeister empfiehlt dem Rat, den Antrag auf Anbringung einer Gedenkplatte am Museum Kurhaus Kleve in seiner Sitzung am 22. Mai 2024 abzulehnen. Alternativlos!
Dieser Empfehlung zum Nicht-Handeln haben am 15. Mai 2024 die CDU, die Grünen, SPD, FDP und der Vertreter der erdfarbenen „Freunde der heimischen Scholle“ zugestimmt; nur die Offenen Klever haben widersprochen.
Wir erinnern uns:
So etwas hatte das Erscheinungsbild des ehemaligen Badehotels nicht beeinträchtigt: