(Rats-)Bürgerentscheid: Warum denn nicht?
Kommunale Demokratie: Bedeutet das, einmal in fünf Jahren ein Kreuz auf dem Stimmzettel zu machen und damit Rat und Bürgermeister einen Blankoscheck für fünf Jahre auszustellen? Nein! Die Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen enthält Instrumente zur Beteiligung der Bürger/innen während einer Wahlperiode: Bürgerbegehren und Bürgerentscheid. Der Rat kann sogar beschließen, eine Entscheidung unmittelbar von den Wahlberechtigten treffen zu lassen.
Leider nur die Stimmen der Offenen Klever erhielt in der Ratssitzung am 20. September 2023 der OK-Antrag, dem Bürgermeister den Auftrag zu geben zu prüfen, ob zur Sachentscheidung über den Neubau einer Sportschleuse in Brienen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 GO NRW ein Ratsbürgerentscheid zulässig wäre.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) hat der Rat die Möglichkeit, in wichtigen kommunalpolitischen Angelegenheiten oder Fragen die Bürger entscheiden zu lassen, die Entscheidung also unmittelbar an die Bürger zurückzugeben:
Link zur NRW-Gemeindeordnung (Bitte anklicken!)
Eine (Rats-)Bürgerentscheid kommt vor allem dann in Betracht, wenn eine Frage sowohl in der Gemeinde als auch im Rat umstritten ist und von der Abstimmung durch die Bürgerschaft – unabhängig von deren Ausgang – erwartet werden kann, dass eine Befriedung in der Gemeinde eintreten wird.
- Der Rat hatte am 28.06.2018 beschlossen, eine Schleuse in Brienen/Wardhausen zu erhalten.
- Der Rat hatte am 30.03.2022 die Stadtverwaltung beauftragt, die weiteren Planungen zur Realisierung einer Sportbootschleuse gemäß der Variante 5 (= Neubau einer Sportbootschleuse) zur Akquise von Fördermitteln mit einer maximalen Förderquote aufzunehmen.
- Nach Angaben der Stadtverwaltung in der Drucksache 454/XI. ergeben sich Bruttogesamtkosten für das neue Schleusenbauwerk zwischen 23,86 und 31,65 Mio. EUR, von denen der Bund 50% übernehmen würde.
Im Beschlussvorschlag zur Drucksache 454/XI. hat der Bürgermeister dem Rat empfohlen, die Planungen zu der Errichtung einer Sportbootschleuse nicht weiter zu verfolgen.
Wie sich in der Sitzung des Ausschusses für Verkehrsinfrastruktur und -mobilität am 30.08.2023 gezeigt hat, wird der Neubau einer Schleuse in Brienen zwischen den politischen Kräften im Rat nunmehr kontrovers diskutiert und mehrheitlich abgelehnt.
Die Notwendigkeit eines Neubaus der Schleuse wird zunehmend auch in der Bevölkerung und der öffentlichen Meinung kontrovers diskutiert. Einigkeit besteht dabei auf allen Seiten, dass ein Stopp der Planungen das Ende für eine Sportbootschleuse bedeuten würde. Das Stopp-Signal, das die Stadt Kleve errichtet, wird dazu führen, dass der Bund seine Zusage, 50% der Gesamtkosten zu übernehmen, im Bundeshaushalt streichen wird.
Eine Grundsatzentscheidung von dieser nachhaltigen Tragweite sollte der Rat, im Wege eines Referendums, unmittelbar den Bürgerinnen und Bürgern zurückgeben.
Um den organisatorischen und finanziellen Aufwand für die Durchführung eines Ratsbürgerentscheids so gering wie möglich zu halten, sollte dafür der Tag der Europawahl, der 09.06.2024, genutzt werden.
Das für Kommunales zuständige Ministerium hat durch Rechtsverordnung das Nähere über die Durchführung des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids geregelt:
Rechtsverordnung zur Durchführung eines Bürgerentscheids (Bitte anklicken!)
Der Rat der Stadt Kleve hat 2015 eine Satzung zur Durchführung von Bürgerentscheiden beschlossen. Besonderes Interesse dürfte darin der § 9 „Abstimmungsinformation“ finden:
Satzung der Stadt Kleve zur Durchführung eines Bürgerentscheids (Bitte anklicken!)
Das alles wurde am 20. September 2023 im Rat nur von den Offenen Klevern unterstützt.
Die Befürworterinnen und Befürworter des Neubaus einer Sportschleuse in Brienen könnten jetzt das Instrument eines Bürgerbegehrens nutzen, das – sollte der Rat diesem nicht folgen – zwangsläufig einen Bürgerentscheid nach sich ziehen würde.