Wird Bebauungsplan für Bereich Heidberg/Materborn „unterlaufen“?
Der Bebauungsplan aus dem Jahr 2013 umfasst zwei alte Mülldeponien: im Westen die Deponie Heidberg, im Osten die Deponie Materborn. Die Deponien sind nicht miteinander verbunden und gelten, trotz unterlassener Altlastenbeseitigung, als „saniert“ (Deckel drauf). Auf dem eingezäunten Gelände der ehemaligen Deponie Materborn werden bis heute Deponiegase abgefackelt.
Der seit zehn Jahren rechtskräftige Bebauungsplan sieht vor, den Standort der Deponien für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage nutzbar zu machen. Im Bereich des Bebauungsplans gibt es drei Sondergebietsflächen, die die ehemaligen Deponien fast vollständig abdecken. Ausgenommen davon sind Randbereiche, die als Grünflächen festgelegt sind, Wartungswege und Entwässerungseinrichtungen.
Der Bebauungsplan legt fest, dass in zwei Sondergebieten nur Nutzungen zugelassen sind, die im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage stehen (Betrieb und Wartung). Andere Nutzungen sind ausgeschlossen. Das dritte Sondergebiet ist als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche festgelegt. Eingriffe in den Boden sind mit dem Kreis abzustimmen.
In der Bürgerfragestunde der Ratssitzung am 17. Mai 2023 erkundigte sich eine Anwohnerin, welches zusätzliche Bauvorhaben im Bereich der Sondergebiete der ehemaligen Deponie geplant sei.
Der Bürgermeister antwortete ausweichend. Laut amtlicher Niederschrift referierte er lang und breit darüber, dass und warum dort eine Photovoltaik-Anlage erreichtet werde und sinnvoll sei. (Dieser Aspekt wird von den Anwohnern bis heute nicht infrage gestellt, sondern ausdrücklich begrüßt.)
Zum Schluss seiner Ausführungen erwähnt der Bürgermeister dann die „Errichtung eines Sendemastes (…).“ Diese „prüfe ebenfalls das Bauordnungsamt, soweit die Deponie betroffen sei, sei auch der Kreis Kleve miteinzubeziehen.“
Nachdem sich ein Anwohner in einem Schreiben an Bürgermeister und Fraktionen für die Antworten des Bürgermeisters auf die Fragen bedankt und zugleich ein „Antwortschreiben“ erwähnt hatte, fragten sich die Offenen Klever verblüfft: „Welches Antwortschreiben ist da gemeint?“
Heute wissen wir: Der Bürgermeister hat zweimal geantwortet. Einmal öffentlich in der Ratssitzung und dann schriftlich. Vom Antwortschreiben des Bürgermeisters an die Fragestellerin haben die Ratsmitglieder bis heute aus dem Rathaus keine Kopie erhalten.
In diesem Schreiben wird nicht nur mitgeteilt, es solle „ein Funkmast errichtet werden“, sondern darüber hinaus „vorläufig“ auch noch eine „mobile Anlage aufgestellt werden. Temporäre mobile Anlagen sind nicht genehmigungspflichtig.“
Geplant seien, so der Bürgermeister weiter, „spezielle Fundamente mit geringer Eingriffstiefe, welche den Deponiekörper nicht beschädigen. Der Vorhabenträger steht hier schon in engem Kontakt mit der Bodenschutzbehörde des Kreises Kleve.“
Woher der Bürgermeister seinen Kenntnisstand bezogen hat, ist noch rätselhaft, weil er in seinem Antwortschreiben mitgeteilt hat: „Entsprechende Anträge liegen nicht vor.“
Dass dennoch oder trotzdem irgendjemand – vielleicht war es ja der „Vorhabenträger“ – auf dem ehemaligen Deponiegelände gebohrt hat, berichtet ein Anwohner:
Ende Juni seien Bodenproben entnommen worden. Zwei Personen hätten angegeben, es werde ein von der Telekom beauftragtes Bodengutachten zur Aufstellung eines Funkmastes erstellt.
Der Anwohner war Augenzeuge der Aktion. Die Bohrung im Bereich der ehemaligen Deponie Heidberg erreichte schon nach 80 Zentimetern „zur Verwunderung der Probennehmer“ schlammigen Grund. Die entnommene Bodenprobe verströmte „Deponiegeruch“.
Noch vor wenigen Tagen waren die beiden Bohrlöcher klar zu erkennen: unverschlossen. Davon haben die Offenen Klever sich vor Ort überzeugen können. Irgendwelche Sicherungsmaßnahmen waren nicht zu erkennen.
Was aus unverschlossenen Bohrlöchern ausströmt, weiß nur der Wind.
Aber selbst wenn der Bohrtrupp, der sich auf städtischem Gelände bewegte, dort hervorragende Arbeit geleistet und die Bohrlöcher abgedichtet hätte: Aus dem rechtskräftigen Bebauungsplan ergibt sich, dass Funkmasten bzw. deren „spezielle Fundamente“ nicht zulässig sind. Dass vorgesehen sei, dort einen Funkmast zu erreichten, bestreitet nicht einmal der Bürgermeister.
Wie hoch soll der Funkmast werden? 20 Meter sind hier Standard.
Beim Versuch, sich ein Gesamtbild der Vorgänge auf dem Gebiet einer ehemaligen Mülldeponie zu machen, sind die Offenen Klever auf widersprüchliche Aussagen und Mitteilungen in Gremien der Stadt gestoßen, die sie dem Bürgermeister in einer Anfrage vorlegen werden.
„An der Photovoltaik-Anlage gibt es nichts auszusetzen. Das sehen auch die Anwohner/innen so. Aber Fundamente für Sendemasten haben auf dem Gebiet dieser ehemaligen Mülldeponie nichts zu suchen“, fasst Fraktionsvorsitzender Udo Weinrich die Meinung der Offenen Klever zusammen.