Wichtige Zahlen fehlen – Steuererhöhung ohne soziale Balance
Udo Weinrich, Fraktionsvorsitzender und Marco Hendricks, stellv. Fraktionsvorsitzender der Offenen Klever (OK) nehmen Stellung zum Haushaltsentwurf 2023:
Am Tag, als der Landtag das Gemeindefinanzierungsgesetz 2023 in erster Lesung beriet, lag dem Rat der Haushaltsentwurf für 2023 vor.
In seiner Einbringungsrede hat der Stadtkämmerer zurecht ausgeführt, „die Prognoserisiken im kommenden Haushaltsjahr (sind) größer als sonst.“ Den Haushaltsentwurf ohne verbindliche Rahmendaten vorzulegen, ist nicht alternativlos, sondern eine Entscheidung des Bürgermeisters.
Die Orientierungsdaten für die Finanz- und Ergebnisplanung der Kommunen fehlen, die Höhe der Landeszuweisungen an Kleve steht nicht fest, die aktuelle Steuerschätzung ist nicht eingearbeitet und die an den Kreis abzuführende Umlage wird am Tag nach dem Ratsbeschluss zum Haushalt 2023 festgelegt. Hinzu kommt, dass der Landtag über einen Gesetzentwurf des Landesregierung berät, der eine Änderung und Anpassung des Wirtschaftsplans der Umweltbetriebe erforderlich machen wird.
Der Haushaltsentwurf hätte auch zu Beginn des kommenden Jahres, dann aber mit den jetzt noch fehlenden Daten, eingebracht, beraten und beschlossen werden können. Für diesen Weg hat sich Bürgermeister Gerwers in Rees entschieden. Denn: Begonnene Bauten sowie Beschaffungen, sonstige Investitionen und vertraglich abgesicherte Zuschüsse an Vereine und Verbände, die im laufenden Haushalt veranschlagt sind, dürfen fortgesetzt werden.
Dem Rat wird von der Stadtspitze ein „strenger Konsolidierungskurs“ vorgeschlagen und empfohlen, „auch unbeliebte Themen anzupacken.“ Der Haushaltsentwurf nimmt aber weder eine nachhaltige Kurskorrektur vor noch enthält er dazu einen Vorschlag. Die hierzu von den Offenen Klevern beantragte Einrichtung einer Arbeitsgruppe „Haushalt“ wurde vom Rat ohne Aussprache alternativlos abgelehnt – in nichtöffentlicher Sitzung!
OK-Antrag: Grundsatzbeschluss zur Haushaltskonsolidierung (Bitte anklicken!)
Die Finanzplanung der Stadt bis 2026 sieht jährlich wachsende Haushaltsdefizite vor. Ohne Kursänderung steuert Kleve auf ein Haushaltssicherungskonzept zu, das mit dem Kreis abzustimmen ist und die Gestaltungsspielräume erheblich einschränken wird.
Den Anfang macht 2023 ein „negatives Jahresergebnis“ (Haushaltsloch) von rd. 4,9 Mio. EUR. Diese Zahl ist geschönt: finanzielle Belastungen durch „Corona“ und den Krieg in der Ukraine in Höhe von 3,8 Mio. EUR sind darin nicht enthalten. Dieses Minus wird in die Zukunft verlagert. Das ist „bestenfalls eine kreative Bilanzpolitik“, wie der Stadtkämmerer vor dem Rat eingeräumt hat.
Ohne Kurskorrektur wird Kleve von 2023 bis Ende 2025 von seinem Eigenkapital rd. 31 Mio. EUR verzehren, um Haushaltslöcher zu stopfen. Kleve lebt dann buchstäblich von der Substanz. Diese Defizite sind weder ein Naturgesetz noch eine Folge des Ukraine-Kriegs, sondern das Resultat des schuldenfinanzierten Investitionsprogramms.
Bis 2026 werden über das Gebäudemanagement (GSK) Investitionsmaßnahmen von rd. 222 Mio. EUR abgewickelt. Dafür werden bis 2026 Kredite von mehr als 116 Mio. EUR aufgenommen. Diese Schulden tauchen im Haushalt der Stadt Kleve nicht auf. Sie werden beim GSK „geparkt“.
Die hohen Kreditschulden beim GSK führen zu steigenden Belastungen im Haushalt der Stadt. Hier müssen die Ausgaben für Zinsen und Tilgung sowie die höheren Abschreibungen erwirtschaftet werden. Das schränkt die städtischen Handlungsmöglichkeiten ein. Hinzu kommt das Risiko steigender Kreditzinsen.
Diese steigenden Beträge werden bis 2026 zu einer Verdopplung des städtischen Zuschusses ans Gebäudemanagement auf mehr als 25 Mio. EUR führen. Darauf weist der Stadtkämmerer zwar hin. Das Investitionsprogramm stellt er aber nicht zur Diskussion.
Nicht alle, die vom Ausbau der kommunalen Infrastruktur profitieren werden, müssen sich an deren Finanzierung beteiligt; Gewerbesteuerzahlende werden geschont, während die Grundsteuer 2023 um rd. 18% erhöht wird. Dazu kommen noch höhere Parkgebühren (um bis zu 75%). Die erwarteten Mehreinnahmen von rd. 710.000 EUR fließen aber nicht in den Ausbau der Stadtbuslinie. Das ist weder nachhaltig noch sozial gerecht.
Vom Ziel der Stadtspitze, pro Jahr mindestens 2,5 Mio. EUR einzusparen, ist Kleve weit entfernt.
Der Haushaltsentwurf 2023 löst keine Probleme. Er überdeckt, verschiebt und verschärft sie.