Haushalt: Ratsfraktionen fürs „Weiter so!“

„Klima-Notstand“, aber kein Kurswechsel in Kleve!

Zum Haushaltsentwurf hatte Ratsmitglied Anne Fuchs für die „Offenen Klever“ (OK) 17 Änderungsanträge vorgelegt. Die Ratsfraktionen folgten lieber dem Haushaltsentwurf ohne Mut und Fantasie. – Udo Weinrich, Vorsitzender der Wählergemeinschaft, nimmt Stellung zum Haushalt 2020:

Das Ja aller Ratsfraktionen zum Haushaltsentwurf mag dem Kämmerer, Herrn Haas, einen großen Tag beschert haben – für die Zukunftsthemen wie „Klimawandel“, „umweltverträglichere Stadtentwicklung“ oder „Verkehrswende“ gilt das nicht. Sie finden im Haushalt 2020 nicht statt.

Für Klimaschutzmaßnahmen der Stadt sind nur 50.000 EUR vorgesehen; welche das sein sollen, wird nicht einmal angedeutet. Für den gleichen Betrag plant das Rathaus eine Tartanbahn, die weitere Fläche vollständig versiegeln wird. Da beispielsweise die Erweiterung der Route des dieselgetriebenen (!) Stadtbusses bis zum „Schweizer-Haus“ einen Zuschussbedarf von bis zu 150.000 EUR erfordern würde, wird deutlich, dass im Haushalt der Stadt der aktive Klimaschutz mit 50.000 EUR unterfinanziert ist.

Der Antrag der „Offenen Klever“, für Klimaschutzmaßnahmen wenigstens 100.000 EUR bereitzustellen, ist abgeschmettert worden. Angeblich werde bereits viel für Klimaschutz getan. Begründet wird das vom Kämmerer u.a. mit Millionen EUR für Schulneubauten und -sanierungen. Auf die Wärmedämmung entfällt offenbar nur ein Bruchteil der Summen, mit denen die Stadtverwaltung protzt. Denn laut Finanzplanung werden die Aufwendungen für Heizung und Energie in Schulgebäuden nicht sinken.

Für die Bekämpfung der Folgen des Klimawandels bestehen im Haushalt 2020 nämlich „keine finanziellen Spielräume“ – so Kämmerer Haas in einem Schreiben an die „Offenen Klever“.

Positiv ist immerhin, dass die Stadt die Kürzung bei der Zielmarke des Radwegeausbaus teilweise zurückgenommen hat. Aber obwohl der Haupt- und Finanzausschuss Ende 2018 einstimmig beschlossen hatte, die Beschleunigung der Umsetzung von Radwegeverkehrsmaßnahmen zu prüfen, liegen keine positiven Ergebnisse vor. Dazu passt, dass der Antrag der „Offenen Klever“ abgelehnt worden ist, für das vorhandene Radwegekonzept 165.000 EUR bereitzustellen

Auf Landesebene ist ein Fahrradgesetz angekündigt worden, mit dem eine Verdreifachung des Radverkehrs angestrebt wird. Darauf ist Kleve weder konzeptionell noch finanziell vorbereitet. Wer zusätzliche und besser ausgebaute Radwege und hochwertige Fahrrad-Parkmöglichkeiten sehen und nutzen will, wird im schwarz-grün regierten Kleve nicht fündig.

Daran werden auch bescheidene 80.000 EUR Planungskosten für ein „Mobilitätskonzept“ nichts ändern. Die gutachterlichen Vorgaben dafür wird das autofixierte Baudezernat federführend formulieren, damit auch ja nichts „anbrennt“. Anschließend wird die schwarz-grüne Mehrheit dafür sorgen, dass der Wille der Stadtverwaltung geschieht. Vermutlich – wie so oft – mit Unterstützung der Rest-SPD.

Ebenfalls chancenlos waren die erneuten Versuche der OK, dem Denkmalschutz in Kleve personell und finanziell auf die Beine zu helfen. Und einen Gestaltungsbeirat kann es offenbar erst dann geben, wenn die schwarz-grüne Ratsmehrheit Geschichte sein wird.

Denn Stadtverwaltung und Ratsfraktionen setzen andere Prioritäten: Das Rathaus gönnt sich „Nachhilfe“: Die Aufwendungen für verwaltungsinterne „Organisationsuntersuchungen zuzüglich weiterer kleinerer Beratungsleistungen“, die im Nebel bleiben, werden um ein Drittel erhöht, auf nunmehr 100.000 EUR.

Dass man im Rathaus trotz Stellenzuwachses auch beim Personalmanagement die Aufwendungen für Fortbildung kürzt und – trotz Digitalisierung! – der „Technikunterstützten Informationsverarbeitung“ für Fortbildung rund 20.000 EUR weniger bewilligt, entbehrt jeder Logik.

Kleve investiert Millionen in konventionelle Gebäude und verkauft diese Fortsetzung der Baupolitik des vergangenen Jahrtausends als Beitrag zum Klimaschutz. Das Geld fehlt dann anderswo – nicht erst in der Zukunft, sondern schon heute z.B. beim städtischen Kanalnetz unter der Erde. Gespart wird an der Instandhaltung. Der Substanzverlust wird nicht aufgefangen. Die Infrastruktur verrottet. Aber das können die Wähler/innen ja nicht sehen…

Und während kreditfinanzierte Schulneubauten die Verschuldung in die Höhe jagen, wird bei der Bauunterhaltung städtischer Gebäude der Rotstift angesetzt. Betrugen 2019 die Aufwendungen noch 1,33 Mio. EUR, werden diese in 2020 auf 1,2 Mio. EUR gekürzt; ab 2021 sollen nur noch 1 Mio. EUR den Substanzerhalt sichern. Hinweis für Experten: Den im Haushalt über Abschreibungen erfassten Substanzverlust beziffert der Kämmerer mit 3,9 Mio. EUR – pro Jahr!

Diese Fakten werden ausgeblendet. Lieber frönen Stadtverwaltung und Ratsfraktionen dem „Weiter so!“, das Kleve in den Klima-Notstand getrieben hat: Bebauung und Versiegelung. Die Diskussion darüber, ob städtisches Grundvermögen verkauft oder in Erbpacht vergeben werden soll, ist für den Klimaschutz ohne Bedeutung. Denn die Flächenversiegelung, wie an der Bresserbergstraße, wird ebenso fortgesetzt wie die alternativlose Planung zur Bebauung des Minoritenplatzes. „Siedlungsdichte“, „Stadtklima“ und „Frischluftschneisen“ sind in Kleve offenbar bloße Worthülsen.

Der Haushalt 2020 ist die konsequente und logische Fortsetzung einer Politik, die in Kleve zum „Klima-Notstand“ geführt hat.

Die „Offenen Klever“ haben durch ihre 17 Änderungsanträge deutlich gemacht, dass der politische Kurswechsel nötig und möglich ist. Dazu sind Stadtverwaltung und Ratsfraktionen aber nicht bereit.

Zu diesem „Weiter so!“ aller Fraktionen im Rat bilden die „Offenen Klever“ die Opposition. Jetzt erst recht. Wir sind die Alternative.